Juden und Christen in Wiesenbronn

Archäologische Zeugnisse, darunter der Rand eines karolingischen Gefäßes belegen, dass bereits um 800, das ist die Zeit Karls des Großen, eine kleine Siedlung existierte. Bis zum späten Mittelalter entwickelte sich im 15. Jahrhundert das Dorf, wie wir es heute kennen. In dieser Zeit, um 1480, kann erstmals ein jüdischer Einwohner nachgewiesen werden. Somit lebten Juden über 450 Jahre in Wiesenbronn bis zum Holocaust 1942. Ihr Glaube prägte das gesamte Leben von der Wiege bis zur Bahre. Der jüdische Glauben mit seinen Bräuchen und Ritualen gehörte insbesondere seit der Etablierung einer jüdischen Gemeinde um 1700 zum Alltagsleben von Wiesenbronn. Das gilt auch für die Teilhabe am offiziellen Gemeindeleben als gleichberechtigte Bürger wie die Christen. Juden konnten Häuser, Weinberge und Äcker kaufen und verkaufen, hatten Nutzungsrechte am Gemeindewald und besaßen in den Gemeindeversammlungen volles Stimmrecht.
Dem schleichenden Auflösungsprozess der Gemeinde ab 1850 setzte die Nazizeit mit dem Holocaust ein schreckliches Ende.

Kirche Wiesenbronn

Was will die Dokumentation zum Ausdruck bringen?

Natürlich soll in erster Linie die Geschichte dokumentiert werden, damit nicht nur der Holocaust, sondern vor allem das gute und befruchtende Miteinander von Juden und Christen aufgezeigt werden kann. Im Mittelpunkt steht dabei die ehemalige Synagoge von Wiesenbronn, das Zentrum der jüdischen Religionsgemeinschaft. Als Einstieg dient ein Film, der das Dorf Wiesenbronn, die Gemeinde und die Synagoge vorstellt. Anschließend zeigt ein 3D-Modell den heutigen Zustand des Gebäudes, das man interaktiv betrachten kann. Als Höhepunkt führt ein interaktives 3D-Modell in das Baujahr 1793. Man kann hautnah erleben, wie die Synagoge, der Betsaal und die Wohnung des Rabbiners seinerzeit ausgestattet waren.

Erinnerungsorte

Gedenktafel

Seit 1981 erinnert eine Gedenktafel am Parkplatz des Gasthofes Neubauer an die ehemalige jüdische Gemeinde Wiesenbronn. An dieser Stelle stand das Geburtshaus des berühmten Rabbiners Seligmann Bär Bamberger (1806 bis 1878), dem später als Distriktsrabbiner der Ehrentitel Würzburger Raw zuerkannt wurde.

Dokumentation

Die Erinnerung an die jüdische Geschichte Wiesenbronns brachte insbesondere die Renovierung der ehemaligen Synagoge in den Jahren 2007 bis 2013 und die damit verbundene Einrichtung von Dokumentationsräumen nach vorne. Großformatige Tafeln informieren seit 2016 über die Entwicklung der jüdischen Gemeinde und der Synagoge. Vitrinen zeigen zahlreiche Objekte aus dem Gebäude selbst, aber auch archäologische Funde, die bis in das Mittelalter zurückreichen.

Kofferdenkmal

An die Deportation der letzten drei jüdischen Mitbürger erinnert seit 2020 ein Kofferdenkmal im Rahmen des Erinnerungsprojektes DenkOrt Deportationen 1941 bis 1944 vor dem Hauptbahnhof in Würzburg. Das Denkmal steht unterhalb des Kirchberges direkt an der Hauptstraße vor der ehemaligen Gemeindeschmiede.