Operstockdeckel aus der ehem. Synagoge

65-jährige Odysee glücklich beendet – Der Irrweg des Operstockdeckels

Das Objekt, ein metallener Opferstockdeckel, entstammt der 1792 erbauten Synagoge von Wiesenbronn. Als sich die jüdische Gemeinde infolge Wegzug vieler Glaubensgenossen im August 1938 auflöste, hat man gleichzeitig die Synagoge profaniert und die Einrichtung den rituellen Vorschriften entsprechend entfernt. Zurück blieb nur der Opferstock.
1950 erfolgte der Umbau der inzwischen verkauften Synagoge zum Wohnhaus. Bei der Abfuhr von Bauschutt bemerkte der Nachbar Martin Pfeuffer zwischen dem Abbruchmaterial den Opferstockdeckel. Er stellte ihn sicher und lieferte im evangelischen Pfarramt Wiesenbronn ab. Dort verschwand der Deckel lange Zeit unbeachtet in der Registratur, später in einer Abstellkammer.
Ende der 70er Jahre intensivierte Bürgermeister Hans Hüßner den Kontakt zu ehemaligen jüdischen Mitbürgern. Als er 1985 eine Reise nach Israel antrat, erinnerte er sich an den Opferstockdeckel. In Absprache mit Pfarrer Horst Beyer wollte er den Deckel im Kibbuz Shavei Zion an dort lebende ehemalige Wiesenbronner Mitbürger überreichen. In einer gemeinsamen Erklärung von Kirchengemeinde und politischer Gemeinde wurde die Übergabe als „brückenschlagendes Zeichen der Versöhnung“ und als „ein nicht verstummendes Zeugnis aus der Synagoge Wiesenbronn“ bezeichnet.
Doch es kam anders. Der für die Flugreise in einem Koffer verstaute Opferstockdeckel kam nie in Israel an. Die Gepäckstücke des Ehepaars Hüßner, so stellte sich später heraus, verblieben in der Zwischenstation Zürich hängen und gelangten zwei Wochen nach dem Ende der Israelreise per Bundesbahn nach Wiesenbronn zurück – mit Opferstockdeckel.

10 Jahre später ergab sich eine anderweitige Möglichkeit, dem Opferstockdeckel eine würdige Heimstatt zu geben. Anlässlich einer Besichtigung der ehemaligen Synagoge in Kitzingen am 31.10.1995 übergab Hans Hüßner als Leiter des Seniorenkreises Wiesenbronn den Opferstockdeckel an den dortigen Förderverein. Anschließend zierte der Opferstockdeckel zwanzig Jahre lang eine Wand im Archivraum der Kitzinger Synagoge. Als eine Neugestaltung der Räumlichkeiten 2015 anstand, erinnerte man sich an die inzwischen renovierte Synagoge in Wiesenbronn. So kam es, dass der Opferstockdeckel als Geschenk des Fördervereins Kitzingen im Jahre 2016 wieder an seinem angestammten Platz zurückkehrte. Er nimmt seitdem einen besonderen Platz in den Dokumentationsräumen der Wiesenbronner Synagoge ein.